Über 400 GöttingerInnen haben sich am Samstagnachmittag an einer Demonstration der Hausprojekte Rote Straße 1-5/Burgstraße 52 beteiligt. Die Teilnehmenden forderten den bedingungslosen Erhalt der Häuser sowie eine sozialere Gestaltung der Wohnraumpolitik in Göttingen. Die Demonstration wurde durch zahlreiche Unterstützungsbekundungen begleitet.
Ab 14 Uhr sammelten sich die Teilnehmenden vor dem sozialen Zentrum „OM10“ am Platz der Synagoge, um von dort aus in einem lautstarken und bunten Demonstrationszug durch die Innenstadt zu ziehen. Viele Transparente, Fahnen und Schilder schmückten die Reihen. An der Spitze der Demonstration hieß es auf Bannern „Hohe Mieten, kaputte Häuser – nicht mit uns“.
Die Teilnehmenden bekundeten ihre Solidarität mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der selbstverwalteten Wohnprojekte Rote Straße 1-5/Burgstraße 52 in der Göttinger Innenstadt. Über Jahrzehnte hatte deren Vermieter, das Studentenwerk Göttingen, notwendige Instandhaltungsmaßnahmen der Häuser verschleppt, sodass diese gegenwärtig stark sanierungsbedürftig sind. Zwar ist nach breitem öffentlichen Protest mittlerweile der Sanierungsbeginn für dieses Jahr angekündigt, noch immer sollen die studentischen Mieter aber für den Großteil der durch das Studentenwerk verschuldeten Kosten aufkommen.
Eine Sprecherin der BewohnerInnen erklärt hierzu: „Die zahlreiche Beteiligung an unserer heutigen Demonstration hat einmal mehr gezeigt, dass die Göttinger Stadtgesellschaft hinter unseren Forderungen steht: Das Studentenwerk soll seinem Auftrag, bezahlbaren Wohnraum zu erhalten, nachkommen und die Finanzierung der Sanierung vollumfänglich übernehmen.“ Entlang der Demonstrationsstrecke erklärten sich PassantInnen und AnwohnerInnen durch Transparente, Rufe und Beifall wiederholt solidarisch mit den Protestierenden.
Auf der Weender Landstraße kam es zu einer völlig unangemessenen Eskalation seitens der Polizei. Diese attackierte die völlig friedliche Demonstration und nahm eine Person zur Identitätsfeststellung in Gewahrsam. Die OrganisatorInnen werten diesen Angriff als gezielte Provokation: „Offensichtlich konnte die Polizei es nicht auf sich beruhen lassen, dass die BewohnerInnen der Roten Straße eine friedliche Demonstration abhalten. Der Kampf um Wohnraum ist ein wichtiges Thema, welcher durch breiten Protest auf die Straße getragen werden muss!“
Die Demonstration machte auch auf die prekäre Wohnsituation vieler Menschen in Göttingen aufmerksam. Insbesondere in der Innenstadt sind Mietpreise in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. Die soziale Verdrängung einkommensschwacher MieterInnen ist eine Folge. Stellvertretend machten in Redebeiträgen unter anderem die Groner BürgerInnen-Initiative „Grobiane“, das „BürgerInnenforum Waageplatz“ auf die Auswirkungen der Verknappung von und Spekulation mit Wohnraum aufmerksam. Auch zahlreiche weitere stadtpolitische Gruppen und Initiativen erklärten ihren Unmut.1
Die Demonstration endete gegen 16 Uhr auf dem Zentralcampus. In einem Redebeitrag richteten sich die BewohnerInnen hier noch einmal an das Studentenwerk, dessen Büros in unmittelbarer Nähe sind. Darin hieß es: „Wir gehen davon aus, dass das Studentenwerk seinen Worten nun Taten folgen lässt und umgehend mit den nötigen Sanierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen beginnt, um unsere Häuser in der Göttinger Innenstadt zu erhalten.“ Des Weiteren forderten die BewohnerInnen „die Landesregierung auf, ihr Versprechen aus dem aktuellen Koalitionsvertrag einzulösen und studentisches Wohnen in Zukunft angemessen finanziell zu fördern.“