Eine neue Terrasse – Der jüngst eingerichtete Abenteuerspielplatz mit Baustellen-Feeling für autonome Freeclimber_innen und Gipfelstürmer_innen, sprich: unsere Straße, soll bald eine neue Terrasse für die Rote Straße bieten. Die seit Anfang Mai dieses Jahres anhaltenden Bauarbeiten sind nur ein Vorgeschmack dessen, was die Bewohner_innen der Roten Straße in den kommenden Jahren zu erwarten haben. Die Häuser müssen genauso kernsaniert werden, wie die Straße gerade. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die notwendigen Instandhaltungsarbeiten von den Verantwortlichen des Studentenwerks über Jahre und Jahrzehnte hinweg nicht wahrgenommen und verschleppt worden sind. Trotzdem sollen die Kosten über Änderungen in den Mietverträgen auf die Bewohner_innen abgewälzt werden. Die Rote Straße ist seit ihrer Besetzung und symbolischen „Schenkung“ vor 40 Jahren Austragungsort sozialer Konflikte im städtischen Raum. Die Bewohner_innen der Roten Straße widersetzen sich der Vermarktlichung von sozialem Wohnraum und setzen sich dafür ein, ihre Häuser durch ihren Kauf der kapitalistischen Verwertungslogik dauerhaft zu entziehen.
Und was hat Kapitalismus damit zu tun? – Immer wieder werden politische und soziale Wohnprojekte durch die fortschreitende Kommerzialisierung von (sozialem) Wohnraum aus dem Stadtbild verdrängt. Selbst im Bereich des sozialen Wohnens gilt, wenn die Bewohner_innen nicht auf der Straße sitzen wollen, bleibt ihnen häufig nur die Möglichkeit, sich dem Vorgehen der Vermieter_innen zu beugen. Formen der nachhaltigen und kollektiven Organisierung von Mieter_innen, sowie politische Hausprojekte hingegen setzen sich gegen die Rendite-orientierte Wohnraumpolitik zur Wehr. Die ständigen Forderungen der Vermieter_innen können durch kollektive Organisation beantwortet werden, anstatt sich in vereinzelten Rechtsstreitigkeiten zu verlieren. Entgegen solcher Kollektivierungsprozesse steht etwa die Strategie des Studentenwerks, welche eine Individualisierung vorantreibt: Einzelmietverträge, die Mieter_innen isolieren und den Wohnungseigentümer begünstigen.
Erste Versuche den Haus- und Besetzungsgemeinschaften der Roten Straße 0-5 Einzelmietverträge aufzudrängen und sie ihrer gemeinschaftlichen Selbstverwaltung zu berauben, fanden bereits im Jahr 1977 statt. Die schon damals erhobene Forderung, bezahlbaren Wohnraum zu erhalten und Student_innen zur Verfügung zu stellen, konnte nur durch den politischen Kampf engagierter Unterstützer_innen und Bewohner_innen durchgesetzt werden – und wurde anschließend auch seitens des Studentenwerks genutzt, um das Image als sozialer Träger aufzupolieren.
Der gegenwärtige Konflikt lässt alte Forderungen in neuem Gewand erscheinen. Das zeigt nicht zuletzt die bauliche Neugestaltung der Roten Straße, welche von den städtischen Zuständigen als „urbaner Spielraum‟ und „shared space‟ bezeichnet wurde. Auch in Göttingen organisieren sich Bürger_innen und Studierende in politischen Basisinititativen, um gegen eine neoliberale Umstrukturierung der Stadt auf Kosten ihrer Bewohner_innen – siehe zum Beispiel die Initiative der Bewohner_innen des Waageplatzviertels.
Alternative Stadtkultur im Innenhof der Roten Straße – Wir solidarisieren uns mit den Kämpfen der Wohnrauminitiative und anderer Wohnraum-Kampagnen. Wir stellen uns gegen die Individualisierungs-Strategie des Studentenwerks und laden ein, sich gemeinsam für das Bestehen und Erhalten von kollektiven Wohnräumen für die Bewohner_innen der Roten Straße einzusetzen. Wir bleiben und kämpfen für bezahlbaren Wohnraum für alle!
Um an die historische Besetzung zu erinnern und an die erfolgreichen Proteste anzuknüpfen, veranstalten Bewohner_innen der Rote Straße am 25.08.2017 ein Fest in ihrem Innenhof. Unterstützt wird das diesjährige Hoffest durch Djs und DJanes , wie Coltjah & Eddie Domingo, Makako, Destiny’s Wild, Nina Noir und dem Kollektiv Kleinstadt.
Interessierte und Unterstützer_innen sind eingeladen, sich beim Hoffest der Roten Straße über den aktuellen Mietkonflikt zu informieren, sich mit uns auszutauschen,zu vernetzen – und sich erneut gemeinsam für den Erhalt von bezahlbarem Wohnraum in der Roten Straße einzusetzen. Wir sind HERE TO STAY.